Im Porträt: Anna-Nina Kroll, Übersetzerin

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Anna-Nina Kroll ist Übersetzerin. Dank ihrer Arbeit sind englischsprachige Bestseller wie „Milchmann” von Anna Burns oder die Tagebücher von Patricia Highsmith auch für deutschsprachige Leser*innen zugänglich. Mit Louise Nealons Roman „Snowflake” ist Krolls jüngste Übersetzung aus dem irischen Englisch erschienen. Kristina Schulze hat der Essenerin vier Fragen zum Buch gestellt.
Worum geht es in „Snowflake“?
AK:
Es geht um Debbie, die mit ihrem Onkel, ihrer Mutter und deren Freund auf einem Bauernhof lebt, circa eine Stunde von Dublin entfernt. Sie wird am renommierten Trinity College aufgenommen, fühlt sich dort aber als Außenseiterin und hat Probleme, Freunde zu finden. Depressionen sind bei ihr ein Thema – und die psychischen Probleme ihrer Mutter. Die hat ihr den Glauben eingepflanzt, dass sie die Träume anderer Menschen träumt – und dass manche Dinge darin auch wahr werden.
Was ist aus Deiner Sicht das Besondere an dem Buch?
AK:
Es ist eine Mischung aus College- und Familienroman. Trotz aller Traurigkeit hat es viel Witz und eine gewisse Leichtigkeit. Thematisch dreht sich viel um Kommunikationsprobleme. Debbie ist oft nicht fähig, ihre Gefühle verbal auszudrücken. Dadurch ist es aus meiner Sicht ein sehr heutiges Buch. Und es gibt einige magisch-surreale Elemente, die das Buch besonders interessant machen.
Was hat Dich als Übersetzerin an dem Buch gereizt?
AK:
Als ich mit der Übersetzung begonnen habe, kam ich gerade selbst von einem Aufenthalt am Trinity-College zurück. Ich habe deshalb viele Orte wiedererkannt. Außerdem haben mir die Figuren und die im Roman verhandelten Themen gefallen. Immer wieder geht es um psychische Krankheiten. Die sind für mich in anderen Büchern oft nur schwer auszuhalten. Aber in „Snowflake“ werden die damit verbundenen Probleme sehr erfrischend dargestellt. Und ich mag einfach Bücher, die in Irland spielen.
Louise Nealon hat ihr Buch in einem sehr speziellen, aber trotzdem zugänglichen Ton geschrieben. Wie würdest Du die Sprache charakterisieren?
AK:
Die Sprache ist jugendlich und direkt, in den Erzählpassagen aber auch oft poetisch. Man kann das Buch sehr gut lesen, es flutscht nur so durch. Das habe ich auch beim Übersetzen gemerkt: Das ist mir gut aus den Fingern geflossen, und ich musste nicht jeden Satz immer wieder neu überarbeiten.

Anna-Nina Kroll

Geboren 1988, studierte Literaturübersetzen in Düsseldorf und Cádiz und übersetzt seit 2012 Romane, Sach- und Kinderbücher aus dem Englischen, zuletzt u.a. Werke von Carmen Maria Machado, Donal Ryan und Anna Burns. 2020 war sie Translator in Residence am Trinity College Dublin. Sie lebt in Essen.

„Snowflake” von Louise Nealon ist im Mare Verlag erschienen

Interview
Kristina Schulze

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